Wenn Blicke töten könnten – ich wäre mausetot

„Ich bin total frustriert!“ Mit diesem Satz startete meine Klientin aus der Automobilbranche ins Coaching. Nach kurzer Zeit flossen sogar Tränen. Sie war in ihrer neuen Position als Geschäftsführerin einer Tochtergesellschaft stark unter Druck geraten. Die Präsentation des Relaunches der neuen Strategie war – auf gut Deutsch – in die Hose gegangen. Der Eigentümer der Firma hatte sie harsch kritisiert. „Wenn Blicke töten können – dann wäre ich mausetot gewesen“, berichtete sie. „Von den ersten 80% der Präsentation war er sehr angetan. Doch dann plötzlich drehte sich das Blatt. Ich hätte zwar passende Antworten gehabt, aber seine Blicke haben mich so eingeschüchtert, dass er mir jede Souveränität geraubt hat

Diese Situation war v.a. deshalb besonders schwierig für meine Klientin, da sie gerade unter Beobachtung stand, inwieweit sie geeignet sei für diese Position. Mit dem Coaching sollte es ihr gelingen, die geforderte Souveränität für ihren GF-Posten zu erreichen und in den Vorstandsmeetings auf Augenhöhe mit den anderen GF’s und v.a. dem Eigentümer zu agieren.

 

Freeze-Fight-Flight

In der ersten Coaching-Session hatte sie bereits analysiert, dass sie der kritische Blick des Eigentümers an den Blick ihres Vaters erinnert und sie sofort in den ‚Kleine-Tochter-State‘ versetzt. Sie hatte vor ihrem Vater Angst, wenn er mit ihr geschimpft hat. Diese Angst spürte sie jetzt am Meetingtisch und reagierte entsprechend. Im Angstzustand schaltet unser Gehirn auf ‚Alarm‘: Freeze, Fight oder Flight. Meine Klientin ging zunächst in den ‚Freeze-Modus‘ und erstarrte regelmäßig. Anschließend wechselte sie dann in den Verteidigungsmodus und begann, sich zu rechtfertigen etc. Man könnte auch sagen: Sie redete sich um Kopf und Kragen. Kurzum: Sie verschlimmerte die ohnehin schon unsouveräne Wirkung.

Wir identifizierten im Folgenden viele Ansatzpunkte, wie sie sich weiter verbessern konnte. Ein wichtiger Schritt betrifft die Art und Weise, wie sie Ziele setzt:

Meine Klientin war in dieses Meeting gegangen in der Hoffnung, dass die erste Coachingsession bereits zu dem Erfolg = Ziel geführt habe, den sie sich am Ende der Coachingreise – nach 6 Monaten – vorgenommen hatte. Ihre Erkenntnis: Sie hatte ihr Ziel zu hochgesteckt.

 

Ein fataler Fehler

Genau das ist ein fataler Fehler, den viele Menschen beim Verfolgen von Zielen begehen. Sie nehmen sich zu viel vor, stecken sich zu große Ziele. Sie versuchen, gleich zu Beginn den Marathon zu laufen, obwohl sie seit Jahren keinen Meter mehr gejogged sind. Sie wundern sich dann, dass sie ‚tot umfallen‘ bzw. das Ziel nicht erreichen.

Die besten Ziele sind die, die genau auf dem richtigen Niveau liegen und welche wir auch gut erreichen können. Ziele, die moderat herausfordernd, aber nicht unmöglich sind. Ein Ziel, das die Kraft hat zu inspirieren, aber nicht zu frustrieren.

 

So ging die Coachingsession weiter:

Meine Klientin begann, ihr Ziel in überschaubare Teilziele zu zerlegen:

„Was wäre ein erster guter Schritt – ein Mikroziel - welches Sie dabei unterstützt, Ihrem Chef souverän zu begegnen?“, frage ich.

„Definitiv eine gelungene Präsentation. Ich mache meine Präsentationen immer selbst und im Grunde bin ich dafür gar keine Spezialistin.“

„Wie kann es Ihnen gelingen, eine WOW-Präsentation abzuliefern?“, will ich von ihr wissen.

„Ich müsste mir vielleicht Unterstützung holen. Wir haben eine Agentur. Die kann aber nur Evolution – nicht Revolution. Vielleicht müsste ich hier mutiger sein …“

„Wie viel hat Ihr ‚vielleicht‘ mit Ihrem souveränen Auftritt zu tun?“

„Guter Punkt. Ein ‚vielleicht‘ wirkt ja schon wieder unsouverän. Selbst wenn ich Ihnen antworte. Danke für den Spiegel.“

 

Eine Wow-Präsentation planen

„Was brauchen Sie, damit Sie die ‚Wow-Präsentation‘ ohne ‚vielleicht‘ mutig planen?“

„Vielleicht … oh sorry ... eigentlich müsste ich sagen: Bestimmt eine neue Agentur. Das kommt mir aber schwer über die Lippen. Die bisherige Agentur ist gerade neu bestätigt. Seit vielen Jahren arbeiten wir zusammen … das wäre heftig, wenn ich die jetzt austausche.“

„Ich frage nochmal: Was brauchen Sie, damit Sie die ‚Wow-Präsentation‘ ohne ‚vielleicht‘ mutig planen?“

„Erstmal den Mut, die Agentur zu wechseln. Dann ein neues, mutiges Briefing für die neue Agentur und den Mut, ein Budget dafür zu verantworten.“

„Wie fühlt sich das an: Ich habe den Mut, die Agentur zu wechseln. Ich verantworte das passende Budget dafür. Sagen Sie diese beiden Sätze einmal laut und deutlich. Was macht das mit Ihnen?“

Die Klientin wiederholt die Sätze und plötzlich geht ein Strahlen über ihr Gesicht. „Das fühlt sich richtig gut an. Nun brauche ich nur noch den Mut, es auch zu tun.“

Das Entwickeln von Mini-Zielen ermöglicht es uns, den Fokus genau auf diesen einen Schritt zu legen. Ein Minischritt, der erreichbar ist. Der Prozess wird überschaubar und nach gelungener Umsetzung können wir das nächste Mini-Ziel – hin zu unserem großen Ziel – in den Fokus nehmen.

Sind auch Sie bereit, den Mut zu kleinen Zielen aufzubringen, die Sie tatkräftig in die Tat umsetzen? Oder hadern Sie noch? Was es auch sein mag – ich stehe Ihnen als Sparringspartnerin vertrauensvoll und herausfordernd zur Seite. Ich freue mich auf Sie und Ihr Strahlen.

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