Vom Zweifler zum Gestalter – wie Karsten L. lernte, den Kulturwandel anzunehmen
Die Herausforderung: Vertrauen und Kommunikation aufbauen
Karsten L. sah im angekündigten Wandel eine doppelte Herausforderung: Zum einen fühlte er sich von Michael M. und dessen Vision nicht abgeholt. Zum anderen müsste er sich selbst neu erfinden, um in seiner Rolle den Wandel zu begleiten. Zuerst absolvierte er den LINC Personality Profiler (LPP), eine Persönlichkeitsdiagnostik auf Basis des BIG-FIVE-Modells, der ein detailliertes Profil seiner Charaktereigenschaften, Motive und Kompetenzen erstellte.
Die Ergebnisse des LINC Personality Profilers (LPP) zeigten, dass Karsten über ausgeprägten Altruismus und hohe Selbstdisziplin verfügt – Charaktereigenschaften, die ihn schon in der Vergangenheit im Berufsalltag vor Schwierigkeiten gestellt haben. Sein stark ausgeprägter Altruismus – der Wunsch, immer für andere da zu sein und das Beste für sein Team zu tun – führte dazu, dass er oft selbst Aufgaben übernahm, anstatt sie zu delegieren. Dieser Drang, anderen zu helfen und sie zu entlasten, machte es ihm schwer, Kontrolle abzugeben und anderen die Verantwortung zuzutrauen. Seine hohe Selbstdisziplin verstärkte diesen Effekt zusätzlich, da sie ihn dazu trieb, selbst unter großem Druck und viel Belastung seine eigenen hohen Ansprüche zu erfüllen – ein Verhalten, das sein Stresslevel langfristig deutlich erhöhte.
„Ich habe mich immer darauf verlassen, dass ich selbst am besten weiß, wie die Dinge laufen müssen“, reflektierte Karsten. „Herr M. hat mir nie direkt gesagt, was er von mir erwartet. Hauptsache war immer, dass ich gute Zahlen liefere. Jetzt kommt er auf einmal mit einem Kulturwandel um die Ecke – so ein neumodischer Kram. Er ist doch selbst kaum noch im Unternehmen. Ich frage mich, wie das gehen soll.“ Diese Unsicherheit verstärkte Karstens Skepsis gegenüber den Veränderungen.
Schritt 1: Reflexion und Rollenklärung
Der erste Schritt im Coaching war, Karsten zu helfen, seine eigene Rolle und die Erwartungen von Michael M. klarer zu verstehen. Eine Übung zur Selbst- und Fremdwahrnehmung brachte wichtige Einsichten: Der Geschäftsführer sah sich selbst als denjenigen, der das Unternehmen operativ zusammenhält, während andere ihn zwar als hoch verlässlich, erfolgreich und ‚allwissend‘ beschrieben – gleichzeitig aber als zu distanziert, nörglerisch und frustriert wahrnahmen.
Die Ergebnisse des LPP zeigten hier, dass Karsten zudem aufgrund seiner sozialen Unabhängigkeit und hohen Bescheidenheit dazu neigte, seine Erfolge herunterzuspielen. Gleichzeitig fühlte er sich durch fehlende Kommunikation von dem Eigentümer oft alleingelassen. Im Coaching arbeiteten wir heraus, dass Führung keine Einbahnstraße ist. Über zwei Jahrzehnte hatte er die mangelnde Kommunikation und Einbindung ertragen und war dabei immer in der Opferrolle gewesen. Sein Altruismus gepaart mit hoher Selbstdisziplin führte dazu, dass er immer alles selbst machen und nichts abgeben wollte. Gleichzeitig beschwerte er sich über das ‚Zuviel‘. Diese Erkenntnis, die er aufgrund der präzisen Analyse des LPP für sich gewinnen konnte, brachte ihn in kürzester Zeit einen großen Schritt nach vorn: „Ich habe erkannt, dass ich selbst aktiv werden muss, um klare Kommunikation und Einbindung einzufordern, anstatt darauf zu warten, dass sie von Herrn M. von allein kommt.“
Schritt 2: Verantwortung abgeben und Strukturen schaffen
Ein weiterer zentraler Punkt des Coachings war es, Karsten Techniken zu vermitteln, um Verantwortung zu delegieren und sich auf seine Kernaufgaben zu konzentrieren. „Ich habe immer gedacht, dass ich alles selbst machen muss, weil niemand anders es so gut hinbekommt wie ich“, erklärte er. Doch die Analyse seiner Aufgaben zeigte, dass viele Tätigkeiten delegiert werden konnten, ohne die Qualität der Ergebnisse zu beeinträchtigen.
Karsten begann, Aufgaben in drei Kategorien zu teilen:
- Behalten: Tätigkeiten, die seine Expertise erforderten.
- Delegieren: Aufgaben, die seine Teammitglieder übernehmen konnten.
- Loslassen: Prozesse, die nicht mehr notwendig waren.
Eine einfache Technik mit großer Wirkung: Dieser Schritt war für Karsten entscheidend, um nicht nur seine eigene Überlastung zu reduzieren, sondern auch die Zusammenarbeit mit seinem Team zu verbessern. „Ich habe gelernt, dass ich anderen mehr zutrauen muss, wenn ich mich auf das Wesentliche konzentrieren können möchte“, reflektierte er.
Schritt 3: Den Wandel als Chance begreifen
Obwohl Karsten den Kulturwandel anfangs skeptisch betrachtete, wurde ihm im Laufe unserer Strategie- und Sparringgespräche klar, dass er die Veränderung als Chance nutzen konnte, seine Rolle neu zu gestalten. „Ich habe immer gedacht, dass Wandel bedeutet, Kontrolle zu verlieren“, sagte er. „Aber ich sehe jetzt, dass es auch bedeutet, Verantwortung auf neue Weise zu übernehmen.“ Dazu konnte er insbesondere sein Kreativitätsmotiv nutzen, das sehr hoch war. Dieses half ihm, neue Perspektiven auf seine Arbeit zu entwickeln. Durch die präzise Analyse des LPP wurde Karsten bewusst, dass sein stark ausgeprägtes Kreativitätsmotiv nicht nur ein Antrieb für innovative Ansätze ist, sondern auch eine Ressource, um den Wandel aktiv mitzugestalten. „Ich habe erkannt, dass ich meinen Gestaltungsdrang nutzen kann, um neue Prozesse und Strukturen aufzubauen, die sowohl mir als auch meinem Team helfen“, erklärte er. Diese Erkenntnis gab ihm Selbstvertrauen und die Motivation, Veränderungen nicht als Bedrohung, sondern als Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu sehen – für sich selbst und das gesamte Unternehmen.
Ein entscheidender Punkt war, dass Karsten lernte, seine Kommunikation zu verbessern. Durch Techniken wie aktives Zuhören und regelmäßige Feedbackgespräche schaffte er eine neue Verbindung zu seinem Team. „Ich habe erkannt, dass ich offener über meine Erwartungen sprechen muss, um den Wandel glaubwürdig voranzutreiben.“
Ergebnis: Vom Skeptiker zum Gestalter
Nach mehreren Monaten Coaching hatte sich Karstens Perspektive auf den Kulturwandel deutlich verändert. Er verstand, dass er eine Schlüsselrolle darin spielte, die Vision von Michael M. in die Tat umzusetzen, ohne dabei die gesamte Verantwortung allein tragen zu müssen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mich so weit zurücknehmen kann“, gab mein Klient zu. „Aber ich sehe jetzt, wie wichtig es ist, meinem Team zu vertrauen und die Veränderung als gemeinsames Projekt zu betrachten.“
Durch den Einsatz des LINC Personality Profilers konnte Karsten seine Stärken gezielt einsetzen und gleichzeitig an seinen Schwächen arbeiten. „Ich bin nicht mehr der Skeptiker, der den Wandel blockiert“, fasste er zusammen. „Ich bin Teil der Lösung – und das fühlt sich richtig gut an.“
Fazit: Wandel beginnt bei der Führungskraft
Karsten zeigt, dass Skepsis gegenüber Veränderungen nicht das Ende der Geschichte sein muss. Mit gezielter Reflexion, klaren Kommunikationsstrukturen und der Bereitschaft, Verantwortung zu teilen, konnte er den Kulturwandel nicht nur akzeptieren, sondern aktiv mitgestalten. Sein Beispiel macht deutlich: Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht ausschließlich in der Vision des Unternehmers, sondern vor allem in der Bereitschaft der Führungskräfte, ihre Rolle zu reflektieren und neu zu definieren.