Termin? Termin! Wie aus Planung tatsächlich Umsetzung wird

„Ich hasse es zu planen! Kein Wunder, das meine Kompetenz als moderat ausgewiesen wird“, sagte Martina M. – Vorstandssprecherin eines mittelständischen Unternehmens – als wir am Intensivtag die Ergebnisse in ihrem LINC Personality Profiler unter die Lupe nahmen.

Die Kompetenzen im LINC Personality Profiler (LPP) geben – auf Basis der Selbsteinschätzung des Klienten – Antworten auf die Fragen: Was kann ich besonders gut? Was fällt mir leicht und was eher schwer? Sie sind damit zum einen ein wertvoller Hinweisgeber auf Lern- und Entwicklungspotenziale der Klienten und zum anderen zeigen sie die Bereiche auf, in denen der Klient sich bereits kompetent und sicher fühlt.

„So sehr ich das Planen hasse – so klar ist mir, dass ich es für meinen Job brauche. Lassen Sie uns da bitte heute mal genauer draufschauen“, so Martina M. weiter.

 

Erzählen Sie mal…

Als Coachingmethode entschied ich mich für die „Episodische Verhaltensanalyse“. Klingt zunächst kompliziert und ist tatsächlich sehr praxisbezogen in der Umsetzung.

Bei der „Episodischen Verhaltensanalyse“, die das LINC Institute als Anwendungsmethode im Zusammenhang mit dem LPP empfiehlt, geht es darum, einzelne Episoden aus dem Leben des Klienten zu analysieren und herauszuarbeiten, wo die Persönlichkeit – u. a. bestehend aus Charaktereigenschaften, Motiven und Kompetenzen – ihre Wirkung entfaltet. Im ersten Schritt geht es darum, eine Entwicklung anzustoßen und dem Klienten aufzuzeigen, wie stark die Persönlichkeit alle Bereiche des Lebens beeinflusst. Alles, was im Alltag passiert – Erfolge, Probleme etc. – sind beeinflusst durch die Persönlichkeit. Das erkennt man am besten, wenn man verschiedene Episoden aus dem Leben anschaut und dann im Detail analysiert.

 

5 Schritte zum Ziel

Schritt 1: Definition des Themenfelds, das der Klient verändern will

Als erstes frage ich die Klientin: „Was möchten Sie bei sich konkret verändern? Nennen Sie ein Beispiel aus Ihrem Alltag, das Sie aktuell besonders stört.“ Martina M. antwortete spontan: „Wie kann ich ‚Stop & Think‘-Termine besser und vor allem nachhaltig in meinen Kalender einplanen? Ich schreibe die zwar immer rein – nehme den Termin aber nicht wirklich ernst.“

 

Schritt 2: Konkrete Episode, die das Problem beschreibt

 „Schildern Sie eine Episode aus Ihrem Leben, die mit dem Thema, das Sie gerne ändern möchten, zu tun hat. Das kann eine Erfolgs- oder Misserfolgsgeschichte sein. Wichtig ist, dass die Schilderung Details enthält: Wer war beteiligt? Wie lief das ganze ab? Wie hat es sich entwickelt? Welche Auswirkungen hatte das? Füllen Sie die Geschichte mit Leben!“

„Seit langem plane ich, die Freiräume, die ich in meinen Kalender schaffe für gedankliche Auszeiten, auch einzuhalten. Die Zeiten, in denen ich mir auch mal ‚Moonshot-Thinking‘ genehmige – ‚out of the box‘ Denken umsetze – Artikel lese, die ich mir aus Zeitungen seit Jahren aufbewahre. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Prozess für die Zukunft meines Unternehmens essenziell wichtig ist. Aber es gelingt mir schlichtweg nicht. Immer wieder kommt das Tagesgeschäft dazwischen oder zuhause (Anm.: Martina M. hat drei Kinder im Alter zwischen 2 und 7 Jahren) werde ich dringend gebraucht.“

 

Schritt 3: Blick in die Persönlichkeitsanalyse (LPP)

Welche Kompetenzen spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle? Welche Kompetenzen fehlen Martina M., um besser zu agieren bzw. ihr Ziel, nachhaltig Termine für Moonshot-Thinking einzuhalten, zu erreichen? Welche Muster liegen dahinter? Während der Coachingsession gehen wir dazu zunächst mehrere vergleichbare Termine, die sie auch immer wieder verwirft, durch. Neben den „Think-Terminen“ fällt Martina M. auf, dass auch persönliche Sporttermine häufig ihrem Arbeitsalltag „zum Opfer fallen“. Aber auch Jour fixes mit ihren Führungskräften verlegt sie immer wieder, weil die Planungszeiten nicht stimmen. Sie erkennt drei Muster: 1. Die Zeiten, mit denen sie Termine plant, sind i.d.R. viel zu kurz. 2. Bei Terminen mit vermeintlich „softem Inhalt“, wie Think-Tank oder Sport hält sie sich nicht an ihre Planung bzw. sie sind vom Zeitfenster her unrealistisch geplant. 3. Termine, die für sie „persönlicher Luxus“ sind, canceled sie häufig. Die schlechte Planung spiegelt ihr auch der LPP: Neben ihrer „moderaten“ Planungskompetenz hat sie eine schwach ausgeprägte Kompetenz zur Selbstfürsorge. Das bedeutet, das gerade Termine, die ihr guttun und Freude bereiten, Gefahr laufen, hinten runterzufallen. Die gute Nachricht: Kompetenzen kann man entwickeln.

 

Schritt 4: Zielverhalten

Ich frage Martina M.: „Wie möchten Sie sich in einer ähnlichen Situation in Zukunft verhalten? Welches Verhalten möchten Sie in Zukunft zeigen, das Sie in der Vergangenheit nicht gezeigt haben?“ Dabei geht es nicht darum, ein Zielverhalten zu definieren, das perfekt ist. Wichtig ist, ein Zielverhalten zu entwickeln, das zum Klienten passt. Das realistisch ist. Dazu müssen möglicherweise die Rahmenbedingungen geändert werden oder das bisherige Vorgehen neu entwickelt werden.

 

Schritt 5: Konkrete Handlungsschritte entwickeln

Wie gelingt es Martina M., einen „Think-Tank-Termin“ nachhaltig in ihrem Kalender zu verankern, und zwar so, dass er nicht anderen Themen zum Opfer fällt? So liest sich der folgende Coachingverlauf:

 

„Was wäre ein erster Schritt, um einen nachhaltigen Termin zu schaffen?“

„Ich brauche Freiräume in meinem Kalender – da steht bei mir bisher nur ‚Block‘.“

 

„Wie oft schaffen Sie sich diesen Freiraum tatsächlich?“

„Bisher habe ich vier halbe Tage pro Monat eingetragen. Mein Ziel ist ein Tag pro Woche. Nur das Problem ist – wie gesagt – dass nicht mal die halben Tage stattfinden.“

 

„Was wäre ein erster Schritt, damit Sie den Termin einhalten?“

„Ich müsste ihm vielleicht einen anderen Namen geben. Statt Block könnte er Zukunft heißen.“

 

„Was wäre noch hilfreich?“, will ich wissen.

„Ich buche mir einen anderen Raum. Raus aus meinem Büro. Ich muss woanders sein.“

 

„Was brauchen Sie noch für die Nachhaltigkeit – welcher Tag wäre realistisch?“

„Ganz klar der Freitagnachmittag.“

„Wie viel Uhr?“ „14-18 Uhr“.

„Gut, dann steht jetzt in Ihrem Kalender ganz konkret jeden Freitagnachmittag: 14-18 Uhr, Zukunft planen.“

„Was brauchen Sie noch, damit es ein ‚no matter what-Termin‘ wird?“

Martina M. denkt nach und bringt noch weitere formale Überlegungen ins Spiel, wie die Kalenderfarbe oder Erinnerungsfunktionen schon an den Tagen vorher. „Ist das jetzt ein ‚no matter what-Termin‘?“, frage ich sie. Martina M.: „Zumindest schon mal ein Schritt nach vorn.“

„Was brauchen Sie noch?“ Martina M. denkt nach. „Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen? Was halten Sie von einer inhaltlichen Planung der Termine. Planung bezieht sich nicht nur auf formale Aspekte, sondern auch auf die Inhalte. Füllen Sie den Nachmittag mit Leben. Welche Möglichkeiten haben Sie?“

 

Das war das nachhaltige Ergebnis:

  1. „Brainstorming-Termin“ nur für mich: Mappe mit Artikeln sichten, lesen, recherchieren, Gedanken zur Zukunft machen. Termin von meiner Assistentin konkret vorbereiten lassen mit inspirierenden Texten, Videos.
  2. Sparring einladen. Wahlweise f-2-f oder per Online-Meeting einen Gesprächspartner einladen. Termin inhaltlich vorbereiten.
  3. Zusammen mit Vorstandskollegen Ted Talk o.ä. anhören und anschließend diskutieren
  4. CEO-Coffee-Time mit alternierenden Mitarbeitern – Zukunftsideen anhören, sammeln, auswerten und ggf. umsetzen.

Schritt für Schritt verbesserte die CEO ihre Planungskompetenz, steigerte ihre Selbstfürsorge (die Zukunftstermine wurden für sie zum Highlight der Woche!) und entwickelte ganz nebenbei einen ‚no-matter-what‘-Termin für ihr Unternehmen, der inzwischen im Alltag fest verankert ist. Erste wertvolle Zukunftsideen sind bereits in der Umsetzungsphase bei der ich sie mit meinem Team begleite.

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