Mach was draus!

Commitment – die wirklich passende deutsche Übersetzung suche ich bis heute. Ideen nehme ich gerne entgegen. „Die Zusage, etwas zu liefern“ – die Definition gefällt mir schon ganz gut, denn es ist gleichzeitig auch genau das, was ich von meinen Klienten erwarte. Wenn im Coaching Ziele, Handlungsoptionen vereinbart werden, ist ein nachhaltiger Coachingerfolg nur möglich, wenn der Coachee sich „committet“, diese auch umzusetzen – wenn er die Zusage v.a. an sich selbst gibt, die im Coaching erarbeiteten Handlungsoptionen auch umzusetzen. Was aber, wenn der Coachee sich nach dem Coaching in seinem Alltag wiederfindet – zahlreiche Hürden, Hindernisse, Gewohnheiten, Muster und unvorhersehbare Ereignisse auf ihn einströmen, die den Erfolg des Coachings aufs Spiel setzen?

Ohne Umsetzung und Dranbleiben gibt es keine Ergebnisse. Wie aber gelingt dranbleiben? Wie gelingt es dem Coachee, den Fokus nachhaltig hochzuhalten und das Dranbleiben sicherzustellen. Wie schafft er es, seine Erfahrungen, Gedanken, Ideen, Fortschritte, Meilensteine und Ziele zu beobachten – Learnings transparent zu machen und neue Wege zu etablieren. Schließlich ist es der Alltag, in dem die Coachingergebnisse umgesetzt und getestet werden müssen.

Meine Klienten begleite ich deshalb während der Zusammenarbeit sehr engmaschig. Das Gehirn lernt – wie die Wissenschaft inzwischen herausgefunden hat – nicht allein durch Wiederholung, sondern v. a. durch TUN. Genau hier liegt das Geheimnis von Coaching: Es geht eben nicht ums Lernen & Wiederholen allein – der Sinn des Coachings ist einerseits definitiv neues Wissen (z. B. über Leaderhip) zu erlangen aber entscheidend ist, neue Fähigkeiten zu erwerben, um Probleme zu lösen und Ziele zu erreichen, die den Coachee weiterbringen.

Gemäß dem Motto von Lee Iacocca: „Lern alles was du willst, aber dann, um Himmels Willen, steh nicht rum, sondern tu was mit dem Wissen. Wende es an, mach was draus!“

Genau darum geht es für den Coachee: Ins Handeln kommen, täglich umsetzen – anwenden, spüren, ob die erarbeiteten Strategien im Alltag funktionieren – immer! Nachhaltig. Die Frage, ob es gelingt, neue Fähigkeiten nachhaltig ins Leben zu integrieren, hängt vor allem davon ab, ob und wie regelmäßig man das Gelernte anwendet und mit welcher Intensität unser Gehirn die Veränderung abspeichert. Je intensiver – desto erfolgreicher.

So wie wir uns an die erste Autofahrt allein erinnern oder an den Tag, als 9/11 passierte – so funktioniert unser Gehirn. Wenn eine neue Information beim Eintritt ins Gehirn eine hohe Intensität hat, dann wird sie sofort vernetzt und verankert, und braucht überhaupt keine Wiederholung. Eine hohe Einstiegsintensität ist u.a. dann gegeben, wenn die „richtigen“ Gefühle beteiligt sind, das Ganze Sinn macht und eine Erfahrung damit verbunden ist.

In der Praxis heißt das: Im optimalen Fall verbindet der Coachee mit einer Verhaltensänderung ein „richtiges“ Gefühl – hält das Ganze für sinnvoll und verbindet damit eine (am besten gute) Erfahrung. In der Umsetzung sieht das z. B. so aus:
 

Ein Fallbeispiel aus meiner Coachingpraxis

Nach einer Zusammenarbeit, die geprägt war von persönlichen Verletzungen, bat Herbert S. – Direktor eines mittelständischen IT-Unternehmens – seinen Geschäftsführer um einen Neustart. Das Ziel: Eine Feedbackkultur der Ansprechbarkeit. Im Fokus: Die regelmäßige Ansprechbarkeit von Themen, die in den Jahren zuvor immer wieder zu Verletzungen auf beiden Seiten geführt hatten. Das Ergebnis: Um diese Regelmäßigkeit zu erreichen, bat Herbert S. – als Ergebnis seiner Executive Coachingsession – vor JEDEM Jour fixe (das alle zwei Wochen stattfindet) um eine 5-Minuten Reflexion.
 

Die Vorgeschichte

Herbert S. wurde vom CEO sehr geschätzt aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, hohen Loyalität und seinen analytischen Fähigkeiten. Deshalb hatte der CEO ihm ein neues Projekt anvertraut – bei dem die beiden eng zusammenarbeiten mussten. Herbert S. fühlte sich einerseits geehrt – andererseits hatte er Angst vor der Zusammenarbeit. Der Führungsstil seines Chefs machte ihm zu schaffen. Immer wieder wurde er kritisiert – oft mit sehr verletzenden Worten. So kam er zu mir ins Coaching. Durch den LINC Personality Profile Check fand er heraus, dass er grundsätzlich ein tiefenentspannter Mensch ist. Seine hohe Entspanntheit brachte seinen Chef immer wieder auf die Palme. Kein Wunder, wenn man die Wirkung von Entspanntheit kennt – wie sie im LINC Personality Profiler treffend beschrieben wird: „Entspannte Menschen neigen dazu lästige, unangenehme oder schwierige Tätigkeiten so lange aufzuschieben, wie dies eben möglich ist. Sie arbeiten häufig an mehreren Aufgaben gleichzeitig.“ Genau hier fand Herbert S. sich wieder. Immerzu schob er Entscheidungen auf die lange Bank – oftmals zu lange – bis sie dann z. B. eine spürbar negative Auswirkung auf das operative Geschäft hatten. Das wurde ihm im Coachingprozess bewusst.
 

Die Lösung

Im regelmäßigen Check-In zum Thema Ansprechbarkeit vor dem Jour fixe – nahmen beide sich ab sofort vor – Dinge, die im Hintergrund brodeln, direkt anzusprechen und ihre Hinterbühne dabei transparent zu machen. Herbert S. sah in dieser Vorgehensweise einen großen Sinn für sich. Zu lange schon litt er unter der schlechten Beziehung zu seinem Chef. Der wiederum ließ sich ein auf das „Abenteuer“, wie er es zunächst nannte. Mit einem ‚richtig guten‘ Gefühl ging Herbert S. aus dem Coaching und freute sich auf die Erfahrung einer dann verbesserten Zusammenarbeit. Möglich war der daraus resultierende langfristige Coachingerfolg vor allem, weil Herbert S. sich committet hatte und die Handlungsoptionen, die wir im Coaching vereinbart hatten, regelmäßig umsetzte.

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