Heute schon gehackt?

„Unsicherheit“ war das zentrale, immer wiederkehrende Wort, meiner Klientin – Direktorin einer Konsumgütermarke – im Precoaching. “Ich brauche Klarheit und den Mut, die Dinge anzugehen, umzusetzen. Der fehlt mir aktuell komplett.“

Mit dem „Uncertainty Mapping“ habe ich für das Coaching zunächst eines meiner Lieblingstools gewählt, wenn es darum geht, Unsicherheiten in anspruchsvollen Projekten zu visualisieren. Der Coachee beleuchtet in einem strukturierten Dialog alle Facetten von Projektunsicherheiten. Tatsächliche Unsicherheiten und solche, die „nur“ ein Gefühl der Unsicherheit hervorrufen. Beide haben großen Einfluss auf die Situation – wenn auch auf sehr unterschiedliche Art. Die Erkenntnisse, die durch die Technik des „Uncertainty Mapping“ gewonnenen werden, sind extrem wertvoll.

Negativity Bias vs Positivity Hack

Gleichzeitig führt das Mapping häufig dazu, dass die Coachees einen negativen Fokus bekommen und die Fähigkeit, gute Lösungen zu finden, abnimmt. Deshalb arbeite ich bei dieser Technik (und nicht nur bei dieser ) gerne mit mindestens einem „Positivity Hack“.

Ein Grund für den fehlenden Fokus auf positive Entwicklung ist der sogenannte Negativitätseffekt, der „Negativity Bias“, mit dem uns die Evolution ausgestattet hat. Der „Negativity Bias“ hatte eine wichtige Funktion im Leben zum Überleben der Menschheit. Er gab die lebenswichtige Funktion, neben dem Suchen von angenehmen Erfahrungen wie z. B. Nahrung, Schutz oder Wärme, vor allem negative Situationen zu meiden, so etwa den Kontakt zu gefährlichen Raubtieren und Situationen. Das Meiden von gefährlichen Situationen hatte somit eine lebenswichtige – das Leben erhaltende – Funktion, die unser Fortbestehen gewährleistete. Die Aufmerksamkeit auf negative Erfahrungen war somit wichtiger als die Beschäftigung mit positiven Situationen. Deshalb sind wir darauf konditioniert, unsere Umwelt nach negativen – uns bedrohenden – Situationen abzuscannen.

Zurück auf Anfang

Wir starten ins Coaching mit dem „Uncertainty Mapping“. Die Klientin sammelt die Unsicherheiten, mit denen sie gerade konfrontiert ist und über die sie Klarheit braucht. 5 Minuten Zeit – sie notiert die Unsicherheiten auf ein Post-It (je ein Aspekt). Schnell ist das Flipchart voll mit Unsicherheiten, die sie im Alltag belasten und für die sie noch keine Lösung hat. Ihr Gesicht ist zunehmend angestrengt – der Fokus negativ. Logisch.

Achtung: jetzt wird gehackt!

Dann baue ich den „Positivity-Hack“ als Seperator ins Coaching ein und frage meine Klientin:

„Nennen Sie zwei Business-Highlights der vergangenen zwei Wochen.“ Sie stutzt – ich frage nochmal: „Denken Sie jetzt bitte an zwei Business-Highlights der vergangenen zwei Wochen und schreiben Sie diese auf das Flipchart.“

Plötzlich hellt sich ihre Stimmung auf – es geht ein Strahlen über ihr Gesicht. „Als ich die neue Kampagne vorgestellt habe. Es gab so tolles Feedback dazu von den Kollegen. Das war einfach großartig. Ich habe noch abends meinem Mann davon berichtet und bin richtig beseelt eingeschlafen.“

„Welches Highlight fällt Ihnen noch ein?“ Sie denkt lange nach ...

„Ich habe ein sehr positives Gespräch mit dem Vorstand gehabt ... muss aber zugegeben: Nach dem zweiten Highlight musste ich lange suchen ...! Jetzt, wo ich mich daran erinnere, tut es total gut!“ Salopp könnte man formulieren: Sie kommt aus dem Grinsen nicht mehr raus.

Probieren Sie es einmal aus …

Wenn Sie jeden Abend einen „Positivity Hack“ in Ihr Alltagsritual einbauen – z. B. drei gute Dinge aufschreiben (oder überlegen/denken), die Ihnen im Laufe des Tages passiert sind, die Ihnen gut gelungen sind und für die Sie dankbar sind, dann werden Sie schon nach wenigen Wochen einen positiven Effekt spüren. Dass die tägliche Übung „Drei gute Dinge“ glücklicher macht bzw. positive Emotionen fördert, ist wissenschaftlich lt. einer Studie von Paul Mills von der University of California in San Diego belegt. Die Teilnehmer hatten auch noch Wochen später bessere Laune und schliefen besser – sogar ihre Entzündungswerte, die mit ihrer Herzgesundheit in Verbund standen, sanken. An der Studie nahmen 186 Frauen und Männer teil, die seit mehreren Monaten unter „asymptomatischer Herzinsuffizienz, Stadium B“ litten.

Weiter so?

Zurück zu meiner Klientin: Nach diesem kurzen „Positivity Hack“ ging es im Coaching weiter mit dem „Uncertainty Mapping“. Mit einem großen Unterschied: Die Stimmung meiner Klientin war plötzlich positiv. Sie war viel offener und erfolgreicher bei der Lösungssuche. Das Ergebnis? Für jeden einzelnen Unsicherheitsaspekt checkte sie mit viel Zuversicht: „Kann ich in diesem Punkt irgendwie aktiv werden, um die Unsicherheit zu beseitigen oder bin ich der Überzeugung, dass ich nicht aktiv werden kann?" Wie genau meine Klientin mit der „Uncertainty-Mapping-Technik“ Lösungen und zu mehr Klarheit fand – darüber berichte ich im nächsten Blogartikel.

Shutterstock.com | ViDI Studio