Gekündigt! Wenn Leistung nicht reicht und Beziehung der Schlüssel wird

Stephan K. war zehn Jahre im Unternehmen. Ein leistungsstarker, visionärer und hoch engagierter Mitarbeitender. Doch am Ende stand eine schmerzhafte Erkenntnis: Die Kündigung lag auf dem Tisch! Für ihn kam das einem Verrat gleich. Er hatte Projekte nach vorn gebracht, Innovationen angestoßen, Prozesse neu gedacht. Und trotzdem stand er am Ende allein da. Zutiefst verletzt und gefangen in der Opferrolle: „Ich habe alles gegeben und die lassen mich einfach fallen.“ Doch genau hier begann im Coaching der Wendepunkt.

Hochleistung mit blinden Flecken

Was Stephan K. zunächst nicht sehen konnte: Er hatte sich über Jahre hinweg auf seine fachliche Exzellenz verlassen und die Beziehungsebene vernachlässigt. Stakeholder-Management war für ihn ein Fremdwort. Er holte Kolleginnen und Kollegen nicht ab, baute keine Allianz mit dem Eigentümer auf, präsentierte Ergebnisse statt Verbindung. Was Stephan K. erlebt hat, ist kein Einzelfall. In meiner Arbeit mit Führungskräften beobachte ich immer wieder: Gerade die besonders Leistungsstarken sind gefährdet, in eine Schieflage zu geraten, und das oft, ohne es zu bemerken. Warum? Weil ihre fachliche Exzellenz ihnen lange Zeit Rückhalt gibt. Solange die Ergebnisse stimmen, tolerieren Organisationen soziale Schwächen, mangelnde Anschlussfähigkeit oder geringes Stakeholder-Management.

Doch irgendwann nimmt die Geduld im Umfeld ab. Das Team wird müde, die Reibungsverluste steigen, das Vertrauen sinkt. Und plötzlich reicht Leistung nicht mehr. Was vorher als brillante Alleingänge galt, wirkt nun wie Egozentrik. Was als Tempo gefeiert wurde, erscheint jetzt als Überforderung. Was als Durchsetzungskraft gelesen wurde, kippt in Dominanz. Zusammenarbeit, Veränderungsfähigkeit und emotionale Anschlussfähigkeit sind zentrale Pfeiler in einem angespannten Marktumfeld. Deshalb braucht es mehr als Expertise: Es braucht Verbindung. Beziehung wird zum strategischen Erfolgsfaktor für jede Führungskraft und jedes Unternehmen. Wer diesen Wechsel nicht erkennt, gefährdet sich selbst und die Wirkung der eigenen Rolle im Gesamtsystem.

Visionär mit Kommunikationslücke

Das spiegelte sich auch in seinem LINC-Personality-Profiler (LPP)* wider: Seine Kompetenzen zeigten sehr hohe Kreativität, Eigeninitiative, stark ausgeprägtes selbstständiges Denken und eine ausgeprägte Handlungsinnovation. Im Alltag äußerte sich das so: Er entwickelte ständig neue Ansätze, stellte Bestehendes infrage und initiierte Veränderungen, bevor andere überhaupt den Bedarf erkannten. Für ihn war Veränderung ein natürlicher Zustand. Wo andere Stabilität suchten, sah er Optimierungspotenzial. Doch genau dieses Tempo – diese permanente Vorwärtsbewegung – irritierte sein Umfeld. Seine Kolleginnen und Kollegen fühlten sich oft überrumpelt, weil Entscheidungen gefühlt schon getroffen waren, bevor sie überhaupt ins Gespräch kamen.

Was ihm schwerfiel: klare, anschlussfähige Kommunikation, bedingt durch eine hohe Innenorientierung, eine nur moderate soziale Offenheit sowie ein eher durchschnittlich ausgeprägtes Beziehungsmotiv. Stephan K. neigte dazu, Probleme mit sich selbst auszumachen, und suchte selten aktiv das Gespräch mit anderen. Auch in größeren Runden hielt er sich eher zurück, was dazu führte, dass er viele seiner Ideen nicht frühzeitig ins Team einbrachte.
Sein Bedürfnis nach Verbindung war insgesamt weniger ausgeprägt. Ihm fehlte oft das innere Drängen, Beziehungen bewusst zu pflegen oder Allianzen zu formen. Es fehlte dadurch an bewusster Beziehungspflege und der Fähigkeit, seine Ideen frühzeitig in den sozialen Raum zu übersetzen. Leistung war da, Stakeholder-Management allerdings nicht vorhanden.

Was ihn wirklich blockierte

Stephan K.s nur moderat ausgeprägte Kooperationsorientierung ging mit einer Tendenz zur Wettbewerbsorientierung einher: Er begegnete anderen oft mit einer gewissen sozialen Skepsis und setzte stärker auf strategische Kommunikation als auf offenen Austausch. Dadurch wirkte er in kritischen Situationen nicht als verbindender Teamplayer, sondern eher als Einzelkämpfer mit klarem Fokus auf Durchsetzung. Das, kombiniert mit seiner geringen sozialen Selbstsicherheit, führte dazu, dass er auf andere oft wie folgt wirkte:

  • zu schnell im Denken,
  • zu fordernd in der Kommunikation,
  • zu wenig anschlussfähig im sozialen Miteinander.

Seine Ideen waren brillant, doch die Beziehungsebene blieb eben oft unterversorgt. Die Folge: Statt mitzureißen, überforderte er seine Kolleginnen, Kollegen und die Vorgesetzten. Statt zu führen, verunsicherte er. Statt seine Ideen und seine Kompetenz aktiv einzubringen, handelte er zunehmend strategisch angepasst oder konfliktscheu, gerade bei den wirklich wichtigen Themen. Sein LPP zeigte auch hier deutlich: Eine stark ausgeprägte Nachgiebigkeit – also der Wunsch, Konflikte zu vermeiden und Harmonie zu wahren – traf auf eine hohe Sensibilität. Diese Kombination machte es ihm schwer, bei Widerstand klar Position zu beziehen, und führte dazu, dass er sich in entscheidenden Momenten eher zurückzog, statt Verantwortung zu übernehmen.

Der Moment der Ehrlichkeit

Die Erkenntnis traf. Und veränderte. Er begann zu reflektieren: seine Handlungsinnovation, seine Kreativkraft. Sie waren nie das Problem. Die eigentliche Herausforderung lag woanders: Er hatte seine Gedanken in sich getragen, nicht geteilt. Er war innerlich längst unterwegs, doch außen blieb es still. Im Job begann er in kleinen Schritten, weniger im stillen Kämmerlein zu entwickeln und stattdessen frühzeitig mit Schlüsselpersonen zu sprechen. Nicht erst, wenn ein Projekt fertig war, sondern bereits im Denkprozess. Ein erster Schritt war, in den wöchentlichen Team-Meetings bewusst eine Idee zu teilen, an der er gerade arbeitete, auch wenn sie noch unfertig war.

Im Coaching erkannte er: Wirkung entsteht nicht im Kopf, sondern vor allem im Kontakt. Wenn er seine Visionen nicht teilt, bleiben andere draußen und reagieren mit Ablehnung statt mit Anschluss. Und genau darum ging es: nicht um Können, sondern um Wollen. Nicht um Talent, sondern um Verantwortung. Denn: Es war seine Entscheidung. Will ich weiter der Jet sein, der mit voller Kraft, aber ohne Verbindung durch die Organisation rast? Oder will ich lernen, Passagiermaschine zu sein? Menschen gemeinsam voranzubringen und sie mitzunehmen, Co-Pilot zu sein, statt nur allein Distanz hinter mich zu bringen? Diese Frage wurde zur Schlüsselfrage im Coaching.

Zwei Optionen. Ein Entschluss.

Am Ende des Coachings standen zwei mögliche Selbstbilder. Zwei Wege für seine Bewerbung im nächsten Job:

  • Option A: „Ich bin der disruptive Jet. Take it or leave it.“
  • Option B: „Ich bleibe schnelles Flugzeug, aber werde Co-Pilot in einer Passagiermaschine. Ich lade ein, nehme die Menschen mit, entwickle gemeinsam.“

Stephan K. entschied sich für Option B. Weil er verstanden hatte: Beziehungsfähigkeit ist keine Bremse. Im Gegenteil: Sie ist die Basis für Erfolg!

Doch der wichtigste Moment kam erst ganz am Ende der Sitzung. Ich fragte ihn: „Willst du wissen, warum dein Tempo für andere so anstrengend ist?“ Er nickte. Ich griff zum Stift und malte einen großen Kreis auf das Flipchart. „Das hier“, sagte ich, „ist der Elefant im Raum. Deine Kolleginnen und Kollegen sehen ihn, fühlen ihn, sprechen aber nicht darüber. Der Elefant heißt: Du gehst los, aber du nimmst niemanden mit.“ Stephan K. schwieg. Dann sagte er leise: „Ich dachte, das sei ihre Aufgabe. Jetzt verstehe ich: Es ist meine.“

LPP-basiertes Fazit für Entscheider:

  • Wer wie Stephan K. hohe Innovationskraft und Eigeninitiative mitbringt, braucht ein bewusstes Beziehungskonzept.
  • Eine hohe Fantasie braucht Struktur, Anschluss und Übersetzung, um im Unternehmen Wirkung zu entfalten.
  • Führung beginnt nicht bei Prozessen, sondern bei der Selbstführung.

Ihr nächster Schritt

Wenn Sie spüren, dass Ihre Wirkung nicht Ihrer Kompetenz entspricht, könnte der Blick auf Ihre Persönlichkeit der Schlüssel sein. Mit dem LINC Personality Profiler und einem klaren Coaching-Rahmen unterstütze ich Sie dabei. Nicht, um sich zu verändern. Sondern um mit Klarheit, Haltung und wirksamem Stakeholder-Management ganz Sie selbst zu führen. Wenn Sie Interesse daran haben, schreiben Sie mir.

(*LINC Personality Profiler – Ein wissenschaftlich fundiertes Instrument der Persönlichkeitsdiagnostik, das individuelle Motive, Charaktereigenschaften und Kompetenzen beleuchtet und Basis für alle meine Coachingprozesse ist.)