Die Selbstbewusstseinsfalle

Warum gerade ‚erfolgreiche Manager und lautstarke Macher‘ oftmals unbemerkt in eine ‚Selbstbewusstseinsfalle‘ tappen und wie sie wieder herausfinden.

Immer öfter wurde Klaus M.  – Vorstand einer großen Private Equity Firma – von seinen Boardkollegen für sein ‚pampiges‘, fast schon ungehobeltes Verhalten kritisiert, das er nicht nur im kleinen Vorstandskreis zeigte, sondern auch bei Kunden. Die häufige Kritik machte ihm – dem erfolgsverwöhnten Macher – sehr zu schaffen und baute in ihm zunehmend bisher unbekannte Versagensängste auf. Er hatte zudem zunehmend Angst vor Ablehnung und Misserfolg. Darüber hinaus spiegelte ihm ein Kollege im Feedbackgespräch er sei häufig unkonzentriert, kritisiere Mitarbeiter ungerechtfertigt und wäre unfähig zu delegieren. Eine geballte Ladung Kritik – ohnehin schon harte Kost - für einen Perfektionisten wie ihn fühlte es sich doppelt schwierig an. Nachdem die Kritik an ihm von außen immer deutlicher wurde, entschloss er sich, zu mir ins Coaching zu kommen.

Der Eye-Opener nach 30 Minuten

 

Sein ‚eye-opener‘ nach der 30-minütigen Insight-Session, die immer am Beginn einer möglichen Zusammenarbeit mit mir steht, war: „Ich glaube, ich stecke in einer Selbstbewusstseins-Krise – auch wenn das schräg klingt in meinen Ohren. Ich, der erfolgreiche Manager, der lautstarke Macher – kein Selbstbewusstsein? Geht jetzt gar nicht.“

Doch gerade ‚erfolgreiche Manager und lautstarke Macher‘ schlittern oft unbemerkt in eine Selbstbewusstseins-Krise und kommen der Ursache für ihr zunehmend problematisches Verhalten oft erst spät (manche auch nie) auf die Spur – auch weil sie wahre Verdrängungskünstler sind.

Zunächst stellt sich die Frage: Wie passt das zusammen: „Erfolgreicher Manager und lautstarker Macher“ auf der einen Seite - mangelndes Selbstbewusstsein auf der anderen Seite und was hat das mit seinem ‚pampigen‘ Verhalten zu tun?

Die Theorie hinter den ‚Ähmms‘

 

Mangelnder Glaube, Angst vor Blamage und ein zu geringes Vertrauen in uns selbst wird durch eine Reihe von Verhaltensweisen sichtbar:

  • Vergessen, was wir sagen
  • Stottern oder über Wörter stolpern (viele Ähmms und hmmms)
  • alberne, unangemessene oder unfreundliche Dinge sagen
  • zu schnell, zu leise oder nuschelnd sprechen
  • uns selbst/andere offen verunglimpfen oder herabwürdigen oder dies von anderen zulassen
  • Teilnahme an Aktivitäten, die gegen unsere Werte oder Ethik verstoßen
  • mangelndes Selbstvertrauen durch Alkohol oder Drogen kompensieren
  • zu lautes Reden oder Überreden – den anderen nicht zu Wort kommen lassen
  • nicht richtig zuhören
  • starr an unseren Ansichten festhalten und beweisen müssen, dass wir Recht haben
  • Nervöse Gesten: mit Dingen herumfummeln Stifte, Papiere, Haare etc.
  • Nachlässigkeit
  • Kontrollsucht, mangelndes Vertrauen: überprüfen und erneutes Überprüfen der Arbeit, um sich zu vergewissern
  • Workaholic: sich immer mehr Arbeit aufhalsen

Diese Verhaltensweisen und Selbstbeurteilungen verdichten sich oft zu Teufelskreisen. Klaus M. zeichnete seinen Teufelskreis im Coaching auf das elektronische Flipchart:

„Ich stolpere über meine Worte - spüre ein Gefühl der Scham, das ist mir mega peinlich, ich werde manchmal sogar rot, fange an zu schwitzen und denke, dass jeder mich als inkompetent beurteilt – das macht mich unsicher und dann werde ich z.B. oft ungerecht oder reagiere abweisend.“

Ein typischer Teufelskreis, der v.a. dann entsteht, wenn man nicht resilient ist. Resiliente Menschen können auch in schwierigen Situationen aus ‚Zitronen Limonade machen‘, doch je stärker wir unter Druck sind und je weniger resilient, desto mehr übernimmt unser Angstsystem das Sagen. Wir verfallen dann entweder in den Fightmodus, d.h. wir reagieren z.B. arrogant, beklagen uns oder attackieren unser Gegenüber (u.v.m.) oder der Flightmodus übernimmt: Wir ziehen uns zurück, resignieren oder ‚ergötzen‘ uns in Selbstsabotage.

Die Praxis – Raus aus dem Teufelskreis

 

Klaus M. fand über die Teufelskreisübung heraus, dass er in eine ‚Selbstbewusstseinsfalle‘ getappt war und in seinem Teufelskreis feststeckte: Nach zwei verpatzten Deals hintereinander hatte er schleichend begonnen, sich das Schlimmste über sich selbst und andere einzureden – dadurch Selbstvertrauen verloren – jetzt fühlte er sich plötzlich ängstlich, verletzlich und hilflos – Gefühle, die er sich bis dahin noch nie eingestanden hatte. Im Coaching entwickelte er eine Lösungsstrategie – raus aus dem Teufelskreis. Im ersten Schritt trainierte er dazu sein Selbstbewusstsein. Er lernte, sich seiner 'Selbst bewusst' zu sein, Verhaltensmuster zu erkennen, Wahlmöglichkeiten auszuloten und so die Macht über das eigene Verhalten Schritt für Schritt zurück zu gewinnen, anstatt sich von äußeren Triggern leiten zu lassen. Das Ziel ist Befreiung von Abhängigkeiten - äußeren, wie inneren.