Der Fisch stinkt vom Kopf! Wenn die Businesswelt sich plötzlich anders dreht.

Es ist gerade mal zwei Monate her, da lernte ich auf einem virtuellen Kongress (mit einem coolen Netzwerk-Setting in Break-Out-Sessions) den CEO eines deutschen Mittelstandsunternehmens (1.500 Mitarbeiter) kennen. Wir kamen ins Gespräch über Mitarbeiterzufriedenheit in diesen Zeiten. Er berichtete stolz von einer Agentur, die er für sein Unternehmen jetzt engagiert habe. Er sehe den Punkt, dass sein Unternehmen gerade jetzt mehr für die Mitarbeiterzufriedenheit tun müsse. Neue Leitlinien würden gerade formuliert – verbunden mit einer neuen Mitarbeiter-Community-Plattform, die den ‚Draht’ zu den Menschen in seinem Unternehmen massiv steigern werde. Es sei ihm klar geworden, wie wichtig ‚diese Themen‘ für die Mitarbeiter seien und er habe brillante Leute für die Umsetzung eingekauft. ‚Und was haben Sie eingebracht?‘ fragte ich ihn.

Stille.

Zwei Wochen später rief er mich an und bat um ein Executive Sparring. Im Folgenden schildere ich die Themen, die ich an dem Tag mit dem CEO reflektiert habe:

Der Schlüssel für visionäres Leadership

Immer wieder begegnen mir Unternehmer und/oder Führungskräfte, die mit Hilfe des Bottom-up-Ansatzes versuchen, eine neue Unternehmenskultur zu ‚implementieren’. Frei nach dem Motto: Wenn wir die Mitarbeiter nur genügend motivieren – läuft der Rest von allein. Der Glücksfaktor – oder wie auch immer man es nennt – wird oberflächlich übernommen – den Mitarbeitern ‚oktruiert’ – Leitlinien werden aufgestellt – schön verziert – viel Geld investiert und der ‚Chef‘? Agiert in alten, wohl vertrauten Mustern. So wird die neue Unternehmenskultur zwar nach außen getragen aber nach innen verschwiegen. D. h. nicht gelebt und schon gar nicht Top-Down. Das war in dem Gespräch mit dem CEO schnell erkennbar. Die Sprache, die er wählte, um mir von den Plänen zu berichten, beinhaltete keine einzige ‚Ich-Formulierung‘. In jedem Satz berichtete er dissoziiert von den Maßnahmen. Mit ihm schien die Entwicklung nur sekundär verbunden zu sein.

Dabei ist die Aufgabe von Leadership gelebte Inspiration, Vision und Leidenschaft ‚Top-Down. Nur so lässt sich der ein Glücksfaktor nachhaltig im Unternehmen etablieren. Als Leader schafft der Unternehmer neue Wege – seine Mitarbeiter die Strukturen dafür. Der Leader blickt voraus und sorgt sich um das Wohl aller. Der Ausgangspunkt, von dem aus sich Visionen und (Glücks-)Strategien entwickeln, ist dabei nicht eine Agentur mit – möglicherweise sogar – großartigen Ideen. Der Schlüssel für visionäres Leadership ist die eigene Orientierung. Selbstführerschaft. Dazu bedarf es in erster Linie der Entwicklung der eigenen inneren Ethik. Wer Verantwortung trägt, muss sich als erstes selbst auf den Weg machen.

Auf der Jagd nach dem Erfolg am Sinn vorbei

Der CEO hatte noch die alte Regel verinnerlicht: Ein guter Manager ist ein erfolgreicher Manager und Erfolg bedeutet Gewinn – sie war Teil seiner DNA. Dabei ist diese Managementphilosophie längst überholt. Es darf ‚menscheln‘ in den Führungsetagen. Zu einem erfolgreichen Leadership in der Businesswelt von heute gehört z. B. der transparente Umgang mit Rückschlägen oder Disbalancen – wie sie gerade in der Coronazeit häufig auftreten. Offene, ehrliche und fürsorgliche Gespräche vermitteln Vertrauensbotschaften. Persönliche Krisen zu teilen, Verletzlichkeit zuzulassen – früher undenkbar – heute ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Im Sparring begann der CEO sich selbst auf den Weg zu machen. Er sprach über seine Sorgen und Ängste und seine Strategien, wie er sie unterdrückt bzw. nicht sichtbar macht. Ihm wurde deutlich, dass er über Jahre hinweg im Außen gelebt und agiert hatte. Er hatte alles delegiert – nach außen. Er hatte funktioniert – nach außen. Das was in seinem Innern stattfand, die täglichen Sorgen, die inneren Kämpfe, die Ängste – das hatte er kompensiert. Er galt als ‚harter Hund‘ – wie schon sein Vater, von dem er das Unternehmen übernommen hatte. Das Sparring machte ihn nachdenklich und euphorisch zu gleich. „Mir ist klar geworden, Frau Segschneider, dass es noch mehr gibt als Macht und Erfolg. Ich habe eine ganz neue Perspektive auf meine Businesswelt bekommen.“