5 goldene Regeln für transparente Kommunikation

Dass das Thema „Herrschaftswissen“ längst in die Mottenkiste gehört, hat sich mittlerweile zwar rumgesprochen – in der Realität sieht es aber oft noch düster aus. So haben in einer Online-Studie der School for Communication and Management in Berlin rund 37 % der Befragten angegeben, bei ihnen wirkten die Führungskräfte in erster Linie als Herrschaftswissen-Sammler bzw. taktische Gatekeeper und Bremser. Angesichts der Wirkung die Führungskräfte durch Kommunikation haben, ist dies ein nachdenklich stimmendes Ergebnis.

Moderne Leadership-Methoden setzen auf offene Kommunikation und Weitergabe von Informationen und sind damit sehr erfolgreich. Die so gelebte Transparenz schafft Vertrauen, was allein schon einen wesentlichen Wohlfühl- und Produktivitätsfaktor für Mitarbeiter darstellt. Es wird höchste Zeit, diese Art von Vertrauenswürdigkeit als wesentlichen Teil des Unternehmenskapitals anzusehen. Informations-Vertrauen schafft Stabilität – ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor im Unternehmen. Meines Erachtens ist Vertrauen die Basis für emotionale Nachhaltigkeit und langfristigen wirtschaftlichen Erfolg.

Wissen weitergeben bzw. teilen ist ein Erfolgsrezept, das Führungskräfte endlich für sich entdecken sollten. Denn die Weitergabe von Herrschaftswissen erhöht die Chance auf nachhaltig gute Entscheidungen. Der folgende Versuch sollte nicht nur Ärzte nachdenklich stimmen.

 

Diagnose: Herrschaftswissen

Mehrere Ärzte wurden in Dreiergruppen aufgeteilt. Jede Gruppe sollte zwei hypothetische medizinische Fälle klären, die in einem Video vorgeführt wurden. Das erste Video sahen alle Gruppen. Das zweite Video gab es in drei unterschiedlichen Ausführungen – jede der Gruppen bekam ein anderes. Im Anschluss sollten sie eine Diagnose erstellen. Was die Ärzte nicht wussten: Die wesentlichen Informationen für eine korrekte Diagnose waren auf die individuellen Videos verteilt. Eine richtige Diagnose war also nur möglich, wenn die Ärzte die Informationen untereinander austauschten. Das Ergebnis: Die Teilnehmer sprachen nahezu ausschließlich über den Film, der allen zur Verfügung stand. Die individuellen Informationen aus dem zweiten Video, also das Herrschaftswissen, behielt jeder für sich. Die Folge: Die gestellte Diagnose hatte Defizite. Die Studie um James R. Larson von der University of Illinois at Chicago zeigt wie viele andere psychologische Studien: Teamarbeit ist uneffektiv, wenn die Teilnehmer in erster Linie bereits bekanntes Wissen rekapitulieren, anstatt neue relevante Informationen zu teilen. Unabhängig vom Thema, das die Gruppe lösen soll: Sei es eine Arztdiagnose (s.o.), eine Projektentscheidung oder eine Personalfrage – egal ob Führungskraft oder „normaler“ Mitarbeiter, die meisten Menschen pflegen ihr Herrschaftswissen.

 

Wie werden Sie Herrschaftswissen los?

Wie lässt sich das verbessern? Entwickeln Sie einen Kommunikations-Codex für Ihr Team – im Vorfeld!

 

1. Gemeinsames Ziel formulieren

Die Teammitglieder sollten ein gemeinsames Ziel verfolgen und das persönliche Anliegen hintenanstellen. Denn der unbedingte Wille zur Zielerreichung ist die höchste Motivation, um Herrschaftswissen preiszugeben.

 

2. Vertrauen

Die Teammitglieder sollten untereinander eine hohe Vertrauenskultur entwickeln. Menschen, denen das Vertrauen fehlt und die stattdessen Angst haben, dass ihre persönliche Meinung kritisiert wird, schweigen lieber und behalten so die für eine gute Entscheidung wichtigen Informationen für sich.

 

3. Streitkultur zulassen

„Wenn zwei Menschen immer die gleiche Meinung haben, ist einer von ihnen überflüssig“, sagte schon der britische Premierminister Winston Churchill. Genau das ist das Problem: Je harmonischer das Team, desto weniger Kontroversen. Kreativitätsforscher wissen: Harmonie führt zu Langeweile und mittelmäßigen Ergebnissen. Eine respektvolle Streitkultur lässt dagegen unterschiedliche Standpunkte und Meinungen bewusst zu und erhöht somit die Vielfalt und Kreativität der Diskussion.

 

4. Konkurrenz belebt das Geschäft

Teams sollten unterschiedliche Positionen als Bereicherung empfinden und nicht als Streitfaktor. Ein Perspektivenwechsel ist immer aufschlussreich, erweitert den Horizont und erhöht damit die Chance auf ein sehr gutes Ergebnis.

 

5. Gelassenheit als Teamvorgabe

Teams, die auf Gelassenheit setzen anstatt auf Druck, geben den einzelnen Mitgliedern das Gefühl, dass sie ihre Positionen angstfrei formulieren können – frei von der Leber weg. Hier ist die Führungskraft gefragt, die Teilnehmer auch zu ungewöhnlichen Aussagen zu ermuntern.

Die Spielregeln sind simpel – die Umsetzung in deutschen Unternehmen dagegen noch viel zu selten.

Der von mir sehr geschätzte Dr. Gerhard Niesslein, heute ‚happily retired‘ und damals CEO der IVG und Vordenker in der Wirtschaft, brachte es schon vor über zehn Jahren in einem Weihnachtsbrief an seine Geschäftsfreunde auf den Punkt: „Aufbau, Pflege und Controlling von Vertrauenskapital – darin dürfte der Schlüssel für Stabilität in der Wirtschaft liegen; so wie gegenseitiges Vertrauen seit jeher die Basis für tiefere menschliche und gesellschaftliche Stabilität schafft.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

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